Hinten in seiner Hosentasche steckte diese extrem dünne Geldbörse, die mich schon als Kind ärgerte. Ich war sicher, dass er sich jede Diskussion ersparen wollte, indem er kein Geld in seiner Brieftasche herumtrug. Immer wenn ich einen Wunsch äußerte, der mit Kosten verbunden war, zog er sie zögerlich aus der Hosentasche und zeigte mir bedauernd den einsamen 20-Schilling-Schein darin. Ich lernte, nicht mehr zu fragen. Ich lernte zu sparen, ein Experiment, das nicht das gewünschte Ergebnis brachte. Bis ich mir den einen Wunsch erspart hatte, hatten sich schon drei, vier neue Wünsche angesammelt – ein ewiges Zu-spät-Kommen. Die Brieftasche habe ich nach dem Tod meines Vaters an mich genommen, um sie für einige Jahre gefüllt mit Scheinen herumliegen zu lassen. Aus therapeutischen Gründen.
- Tochter: 1967, Schriftstellerin und Projektmanagerin
- Vater: 1933, Filialleiter eines internationalen Konzerns in der Zahnprothesenherstellung
- Jahr der Szene: 1970 bis 1980