«Hausaufgaben fürs Leben»

Ich muss etwa 14 oder 15 Jahre alt gewesen sein, als ich das erste Mal verliebt war. Aber wie meine Liebe gestehen? Ich war damals so scheu, dass ich die Strassenseite wechselte, sobald mir ein Mädchen entgegenkam. «Komm, wir Männer machen das», sagte mein Vater zu mir. Und so setzten wir uns an den Küchentisch und begannen, gemeinsam einen Liebesbrief zu schreiben. Ich wollte auf keinen Fall, dass meine Mutter mitbekommt, was wir gerade machen, das war mir peinlich. Und als sie dann die Küche betrat und fragte, was wir hier machen, antwortete mein Vater: «Hausaufgaben fürs Leben». Aus der Liebe wurde zwar nichts, aber von meinem Vater habe ich gelernt, meine Gefühle zu zeigen.

  • Sohn: 1978, Textilchemiker, Kulturvermittler
  • Vater: 1950, Textilarbeiter
  • Jahr der Szene: 1992