Heimlicher Stolz

Barfuss stehe ich unter dem Fabriktor und staune die Arbeiter an, die wie mein Vater nach Metall, Öl und Fett riechen. Ungeduldig trete ich von einem Bein aufs andere – und warte und warte. Endlich erscheint er, ganz hinten zwischen den Maschinen. Mit seiner breiten klobigen Hand ergreift er die Stempelkarte, die Nummer 1. Und dann kommt der grosse Augenblick! Vater holt sein Fahrrad aus dem Ständer, steigt auf und wartet, bis ich auf dem Packträger Platz genommen habe.

Wenn ich dann so hinter seinem Rücken sitze, überkommt mich ein stiller Stolz. Und ich weiss gar nicht so genau, warum ich ihn immer wieder von der Arbeit abhole, den langen Weg über stechenden Kies und klebrig heissen Asphalt unter die blossen Füsse nehme: Ist’s wegen den eindrücklich grossen Maschinen und ihrem Lärm? Ist’s wegen Vater, der sie alle bedienen kann? Oder ist’s wegen der luftigen Heimfahrt auf dem Packträger und dem heimlichen Stolz? Seht, das ist mein Vater, die Nummer 1!!!

  • Sohn: 1945, pensionierter Reallehrer
  • Vater: 1910, Autogenschweisser
  • Jahre der Szene: Mitte 50er-Jahre